Wegfall der Kabel-TV-Umlage 2024

Interview mit Mietrechtsexpertin Martina Niemeier-Greiner

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Was ist, wenn ich als Mieter bisher weder von meinem Vermieter noch von meiner Hausverwaltung etwas vom Wegfall der Umlagefähigkeit gehört habe. Sollte ich dann selbst aktiv werden und wenn ja, bis wann? 

Ja, Mieter sollten aktiv werden. Der Vermieter muss sich nur um die Kündigung des Sammelvertrages kümmern. Macht er dies nicht, dann muss eben der Vermieter ab 1. Juli 2024 die Kosten dieses Sammelvertrages tragen und darf diese nicht mehr den Mietern in der Betriebskostenabrechnung überbürden. Kündigt der Vermieter den Sammelvertrag zum Stichtag, dann kann der Mieter kein Kabelfernsehen mehr empfangen. Mieter, die ihren Kabelanschluss behalten möchten, können dies, indem sie einen Einzelnutzungsvertrag abschließen. Wer dagegen nicht mehr auf Kabelfernsehen setzen und die  neuen digitalen Möglichkeiten des Fernsehens nutzen möchte, sollte sich jetzt entsprechende Angebote einholen und rechtzeitig Verträge schließen. 

Haben Mieter auch nach dem 1. Juli 2024 Anspruch auf die Bereitstellung von Kabelfernsehen? Oder bleibt der Fernseher schwarz? 

Nein. Mieter haben nach dem 1. Juli 2024 keinen Anspruch auf die Bereitstellung von Kabelfernsehen durch den Vermieter. Nur in äußersten Ausnahmefällen kann es sein, dass der Vermieter sich im Mietvertrag zur Bereitstellung von Kabel verpflichtet hat. Derartige Vereinbarungen wird man aber kaum in Mietverträgen finden. Wenn der Sammelvertrag zum 30.06.2024 vom Vermieter gekündigt ist und man sich als Mieter nicht um eine Fernsehmöglichkeit ab  01.07.2024 gekümmert hat, könnte es damit theoretisch tatsächlich passieren, dass der Fernseher schwarz bleibt. 

Es gibt sicherlich viele Kabelkunden, die neben dem Kabelanschluss auch ein Zusatzprodukt bei ihrem Anbieter abgeschlossen haben, z.B. zusätzliche TV-Sender. Haben diese Betroffenen ein Sonderkündigungsrecht für ihre Zusatzprodukte? Und gilt das gleiche auch für sogenannte Triple-Play-Angebote? Sind Mieter gezwungen, den teuren Kabelanschluss dann über den Anbieter selbst zu bezahlen? 

Diese Fragen kann man pauschal schwer beantworten. Eine klare Antwort erfordert einen Blick in die Vertragsbedingungen bzw. allgemeine Geschäftsbedingungen des Anbieters. Es gibt z.B. Vertragsbedingungen, die regeln, dass zusätzlich ein separater TV-Kabelvertrag abgeschlossen wird, sofern die TV Kabelversorgung nicht über das Mietverhältnis abgedeckt ist. Bei derartigen Klauseln wird es schwierig, ein Sonderkündigungsrecht zu rechtfertigen. Gleiches gilt für Triple-Play-Angebote. Auch hier sind die Vertragsbedingungen zu beachten. Es wird allerdings einige Fälle geben, bei denen man gar kein Sonderkündigungsrecht braucht. Bis zum 30.06. ist noch ausreichend Zeit. Mieter sollten sich daher bei derartigen Zusatzverträgen die vertraglichen Kündigungsfristen ansehen. Ist eine Laufzeit vereinbart bzw. eine Verlängerung eingetreten, wenn ja bis wann? Welche Kündigungsfrist ist einzuhalten? Wer schnell handelt, kann daher u.U. seinen Zusatzvertrag unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zum 30.06.24 kündigen. 

Kann ich als Mieter schon jetzt auf eine andere Empfangsart umsteigen oder zu einem anderen Anbieter wechseln, um die Gebühren nicht mehr über meine Nebenkosten zahlen zu müssen? 

Mieter können natürlich jetzt schon eine andere Empfangsart wählen. Das konnten Mieter bisher auch, mussten allerdings dennoch über die Betriebskostenabrechnung die Kosten der Sammelverträge für Kabelempfang anteilig tragen. Dies müssen Mieter (nur) noch bis 30.06.2024. Der 30.06.2024 ist der entscheidende Stichtag.  

Einige Mieter fühlen sich durch die Neuregelung sicher auch überrumpelt. Was können Mieter jetzt tun, um sich vor teuren Neuverträgen oder sogenannten Medienberatern an der Haustür zu schützen und nicht in eine Kostenfalle  zu tappen? 

Vorsicht ist immer dann geboten, wenn jemand an der Haustüre „etwas an den Mann/die Frau bringen möchte. Bei derartigen Haustürgeschäften hat man nicht die Möglichkeit, Preis und Leistung mit den Produkten anderer Anbieter zu vergleichen. Man wird quasi an der Haustür „überrumpelt“. Um Verbraucher zu schützen, gewährt der Gesetzgeber bei solchen Vertragsabschlüssen außerhalb der Geschäftsräume des Anbieters ein Widerrufsrecht. Auf dieses Widerrufsrecht muss der Verbraucher hingewiesen werden. Daher sollte man, wenn man einen Vertrag unterschrieben hat, den Vertrag und insbesondere auch das „Kleingedruckte“ lesen. Bei einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung hat der Verbraucher eine Widerrufsfrist von 14 Tagen ab dem Tag des Vertragsabschlusses. Innerhalb dieser Frist kann der Verbraucher ohne weitere Begründung den Vertrag widerrufen. Wenn der Verbraucher nicht oder nicht korrekt über sein Widerrufsrecht aufgeklärt wurde, kann er sogar ein Jahr und 14 Tage lang widerrufen. Am besten ist es aber natürlich, sich auf „Haustürgeschäfte“ erst gar nicht einzulassen. 

Haben Vermieter in irgendeiner Form die Möglichkeit, die Kosten für den Kabelanschluss auch nach dem 30. Juni 2024 weiter auf die Mieter umzulegen? Und was kann ich als Mieter tun, wenn mein Vermieter die Kosten weiter umlegt? 

Mit der Umlagefähigkeit der Kosten für den Kabelanschluss ist ab 30.06.24 Schluss. Es kann aber sein, dass diese Änderung nicht bei allen Vermietern angekommen ist und derartige Kosten in Betriebskostenabrechnungen trotzdem enthalten sind. Daher sollten Mieter insoweit der Umlagefähigkeit widersprechen und im Falle eines Nachzahlungsbetrages die zu Unrecht eingestellten Kosten abziehen und im Falle eines Guthabens die Auszahlung der zu Unrecht eingestellten Kosten fordern. Diesen Einwand gegen die Umlagefähigkeit müssen Mieter unbedingt innerhalb der gesetzlichen Einwendungsfrist von 12 Monaten nach Zugang der Betriebskostenabrechnung erheben. Danach ist es zu spät.

Müssen Mietende einen Techniker ins Haus lassen, wenn sie den Kabelanschluss nicht mehr nutzen wollen?

Bei der Frage, ob ein Techniker Zugang zu einer Wohnung benötigt, um eine Kabeldose zu sperren, müssen wir die technische Situation vor Ort berücksichtigen. Bei modernen Verkabelungssystemen, bekannt als Sternnetze, ist es möglich, den Zugang zu einzelnen Anschlüssen zentral zu regeln, ohne dass jemand die Wohnung betreten muss. Bei älteren Systemen, den sogenannten Baumstrukturen, sieht das allerdings anders aus. Hier muss für die Sperrung direkt in der Wohnung eine spezielle Vorrichtung, eine Sperrdose, installiert werden.

Die rechtliche Lage in dieser Angelegenheit ist zwar etwas verzwickt, aber die grundlegende Empfehlung ist ziemlich klar: Wenn kein Vertragsverhältnis mehr besteht und ein Techniker einen Termin zur Installation einer solchen Sperre vorschlägt, sollte ihm aus praktischen Gründen einmalig Zugang gewährt werden. Dies dient dazu, den Anschluss ordnungsgemäß zu sperren und somit eine unrechtmäßige Nutzung zu unterbinden. Übrigens ist das Entfernen oder Manipulieren einer einmal angebrachten Sperrdose nicht nur rechtswidrig, sondern kann auch zu ernsthaften rechtlichen Konsequenzen führen. Es geht letztlich darum, sowohl die Rechte der Anbieter als auch die der Verbraucherinnen und Verbraucher zu wahren und für eine faire Nutzung zu sorgen.

Zur Person

Martina Niemeier-Greiner ist eine renommierte Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Sie absolvierte ihr Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Passau und schloss dieses 2007 mit der ersten juristischen Staatsprüfung ab. Nach dem erfolgreichen Abschluss ihres Referendariats in Regensburg im Jahr 2009, spezialisierte sie sich auf Miet- und Wohnungseigentumsrecht und erlangte 2013 den Titel der Fachanwältin. Seit Januar 2017 ist Frau Niemeier-Greiner als angestellte Rechtsanwältin in der Kanzlei Kuchenreuter, Dr. Stangl, Alt Rechtsanwälte PartGmbB in Cham tätig. Mit ihrem umfassenden Fachwissen und ihrer langjährigen Erfahrung bietet sie kompetente Beratung und Vertretung unter anderem bei Mietrechtsfragen.

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